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Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis: Mitbestimmung des Betriebsrats

Künstliche Intelligenz hält zunehmend auch in der Arbeitswelt Einzug. Immer mehr Unternehmen greifen auf KI-Anwendungen zurück, um von den damit verbundenen Vorteilen zu profitieren. Vieles erscheint bereits heute möglich, doch nicht alles ist rechtlich erlaubt. Zudem gibt es da noch den Betriebsrat, dessen Rechte der Gesetzgeber mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz im Bereich der Künstlichen Intelligenz gestärkt hat.

Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die gängigen KI-Anwendungen, die in Unternehmen bereits heute zum Einsatz kommen (können). Er zeigt die Risiken, aber auch die Chancen auf und gibt eine rechtliche Einordnung in datenschutz- und diskriminierungsrechtlicher Hinsicht.

Darüber hinaus werden auch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz beleuchtet. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten der Betriebsrat hat, um Bewerber und Mitarbeiter vor unangemessenen Überwachungs- und Analysepraktiken zu schützen.

Einführung: Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis

Das Thema Künstliche Intelligenz wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten in den Unternehmen und Betrieben eine immer gewichtigere Rolle spielen. Bereits heute bietet Künstliche Intelligenz den Unternehmen Möglichkeiten, die vor nicht allzu langer Zeit nur aus Spielfilmen bekannt waren. Und natürlich macht dieser Fortschritt auch vor dem Arbeitsverhältnis nicht Halt, ganz im Gegenteil. Vor allem in Übersee gehört die Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis bereits heute zum Repertoire zahlreicher Unternehmungen, die auf die damit verbundenen Vorteile nicht verzichten möchten.

Auch in deutschen Unternehmen kommt KI immer mehr zum Einsatz. Doch die regulatorischen Anforderungen sind hierzulande ganz andere als z.B. in den Vereinigten Staaten. Der größte Unterschied ist aber: Hier gibt es Arbeitnehmergremien. Allen voran Betriebsräte, die den Handlungsauftrag haben, Mitarbeiter im Arbeitsverhältnis zu schützen und ihre Interessen zu vertreten.

Aus Betriebsratsperspektive betrachtet, klingen beim Thema „Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis“ immer die Risiken und Gefahren mit. Diese sind real und keineswegs außer Acht zu lassen. Andererseits darf das Thema KI im Arbeitsverhältnis nicht von vornherein verteufelt werden. Bei Lichte betrachtet kann KI Vorteile für alle Seiten bringen.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Betriebsräte in den kommenden Jahren wird sein, die Einführung von Künstlicher Intelligenz in Unternehmen und Betrieben zu begleiten. Zeitgleich wird es darum gehen, der Nutzung rechtliche Leitplanken zu setzen und noch genauer als zuvor zu prüfen, ob der Einsatz gegen geltendes Recht verstößt.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Zuletzt war ich als Referent bei einem Seminar zum Betriebsverfassungsrecht. Ein Seminarteilnehmer fragte, mich was „Künstliche Intelligenz“ denn eigentlich bedeutet. Dies ist eine durchaus berechtigte Frage. Denn der Begriff wird vom Gesetzgeber zwar an einigen Stellen genannt. Eine Definition bleibt der Gesetzgeber allerdings schuldig.

Wenigstens gibt es eine Positionierung der noch amtierenden Bundesregierung zum Begriff der Künstlichen Intelligenz im Papier „Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung“ aus November 2018. Eine griffige Definition ist auch dort nicht vorhanden. Zumindest gibt es aber eine grobe Kategorisierung, anhand derer die Bundesregierung ein eigenes Verständnis ableitet.

Die Bundesregierung orientiert sich danach an der Unterscheidung zwischen „schwacher“ und „starker“ KI.

  • Starke KI: Diese KI-Form liegt vor, wenn die KI-Systeme die gleichen intellektuellen Fähigkeiten wie der Mensch haben oder ihn sogar übertreffen
  • Schwache KI: Hiervon ist die Rede, wenn die KI auf die Lösung konkreter Anwendungsprobleme gerichtet wird. Dabei sollen Methoden aus der Mathematik und Informatik zur Anwendung kommen. Die so entwickelten Systeme sollen zur Selbstoptimierung fähig sein. Die Kennzeichen menschlicher Intelligenz werden hier nachgebildet und Systeme zur Simulation und Unterstützung menschlichen Denkens „antrainiert“.

Die Bundesregierung hat sich bei ihrer Strategie an der schwachen KI orientiert und dabei folgende KI-Teilbereiche bestimmt:

  1. Maschinelles Beweisen: Hier geht es um die Abteilung von formalen Aussagen aus logischen Ausdrücken zum Beweis der Richtigkeit von Hardware und Software
  2. Wissensbasierte Systeme: Diese Systeme haben Methoden zur Modellierung und Erhebung von Wissen und Software zur Simulation von menschlichem Expertenwissen und Unterstützung von Experten zum Gegenstand.
  3. Musteranalyse und Mustererkennung: Hierzu zählt das induktive Analyseverfahren im Allgemeinen sowie vor allem auch das maschinelle Lernen.
  4. Robotik: Dazu zählt die autonome Steuerung von Robotik-Systemen.
  5. Intelligente multimodale Mensch-Maschine-Interaktion: Hierzu gehört die Analyse und das Verständnis von Sprache, Bildern, Gestik und anderen Formen menschlicher Interaktion.

Zusammengefasst ist unter Künstlicher Intelligenz damit unter anderem der Einsatz von Anwendungen zu verstehen, die sich durch menschenähnliche Intelligenzleistungen kennzeichnen. Ein Teilaspekt von Künstlicher Intelligenz ist das maschinelle Lernen. Es geht unter anderem darum, den Systemen die Funktionen eines Gehirns anzutrainieren, sodass sie in die Lage versetzt werden, Dinge zu erfassen, Muster zu erkennen, zu lernen und Probleme einer Lösung zuzuführen.

Einsatzgebiete und potenzielle Fehlerquellen

Künstliche Intelligenz kommt bereits heute im Bewerbungsverfahren, aber auch im laufenden Arbeitsverhältnis zum Einsatz. Die Diskussion kreist dabei insbesondere um sogenannte „People-Analytics-Anwendungen“, die, wie der Name schon ankündigt, der Analyse von Bewerbern und Mitarbeitern dienen. Das Ziel besteht dabei vor allem darin, bessere Personalentscheidungen zu treffen, Mitarbeiter besser zu steuern und ungünstige Personalentwicklungen frühzeitig zu erkennen.

Im Bewerbungsprozess kommt Künstliche Intelligenz unter anderem bei der Beurteilung der Bewerbungsunterlagen zum Einsatz. Die KI unterstützt bei der Vorauswahl geeigneter Kandidaten und selektiert diejenigen Bewerber, die am besten für die zu besetzende Stelle geeignet erscheinen.

Die Auswertungsmöglichkeiten sind dabei nicht auf die Bewerbungsunterlagen beschränkt. Mithilfe Künstlicher Intelligenz können Unternehmen auch öffentlich zugängliche Informationen auswerten bei ihrer Auswahlentscheidung heranziehen.

Ausgefeilter sind Text- und Sprachanalysesysteme, ggf. in Kombination mit Videoanalysesystemen, die anhand von Gestik, Mimik sowie sprachlichen Eigenheiten die Persönlichkeit von Personen analysieren sollen.

Außerdem werden auch KI-Anwendungen eingesetzt, mit denen eine automatisierte Analyse von E-Mail-Postfächern und der sozialen Kanälen des Bewerbers möglich sein soll. Auch hier geht es darum, sich ein möglichst umfassendes Bild über die Persönlichkeit des Bewerbers zu verschaffen.

Doch auch das laufende Arbeitsverhältnis ist nicht frei von Einflüssen der Künstlichen Intelligenz. So unterstützen bereits heute Anwendungen bei der Erstellung von Dienstplänen und der Zuweisung von konkreten Aufgaben an Mitarbeiter.

Auch bei der Vergabe von Leistungszielen ist Künstliche Intelligenz involviert. Wie auch bei der darauf folgenden Auswertung, ob Mitarbeiter ihre Ziele erreicht haben. In diesem Zusammenhang sind Systeme wie Workday und SAP SuccessFactors dem einen oder anderen Betriebsrat sicher eine bekannte Größe.

Durch Künstliche Intelligenz soll es sogar möglich sein, anhand der E-Mail-Korrespondenz auf die grundsätzliche Stimmungslage in der Belegschaft zu schließen.

Wie wäre es mit einer Prognose, welche Mitarbeiter zukünftig die Karriereleiter erklimmen und bei welchen Beschäftigten in absehbarer Zukunft mit einem Weggang zu rechnen ist? Auch das soll möglich sein.

Risiken beim Einsatz vom Künstlicher Intelligenz

Das Spektrum an Möglichkeiten ist bereits heute beachtlich und lässt nur erahnen, was mit Künstlicher Intelligenz in den nächsten Jahren und Jahrzehnten im Arbeitsverhältnis möglich sein wird.

Andererseits stellt sich die Frage, wie zuverlässig KI im Arbeitsverhältnis und im Bewerbungsprozess funktioniert. Denn letztendlich entscheidet die Qualität von Algorithmen über die Qualität der auf der KI beruhenden Personalentscheidungen.

Wenn der Algorithmus der KI nicht gut oder fehlerhaft ist, kann die darauf vertrauende Personalentscheidung nicht gut oder richtig sein. Von Künstlicher „Intelligenz“ kann dann wohl nicht mehr die Rede sein.

Schwächen des Algorithmus können dabei auf verschiedenen Ebenen auftreten. Zum einen ist es möglich, dass die Anforderungen an die KI-Anwendung nicht präzise genug übermittelt werden. Zudem ist es denkbar, dass der KI-Anbieter Informationen missversteht oder die KI-Anwendung mit unzutreffenden Daten speist.

Überhaupt stellt sich die Frage, ob die KI-Anwendungen stets anhand wissenschaftlich fundierter Daten programmiert werden und wie in einer offenen wissenschaftlichen Ausgangssituation verfahren wird. Anhand welcher Kriterien werden z.B. Sprachmuster ausgewählt, die auf ein introvertiertes oder extrovertiertes Wesen hindeuten?

Allen bestehenden Zweifeln und Vorbehalten zum Trotz darf das Potenzial von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis nicht verkannt werden. Bei fundiertem und sorgsamen Einsatz kann KI bessere und objektivere Entscheidungen begünstigen. Frei von Einflüssen menschlicher Willkür, Fehlbarkeit und Vorurteilen.

Vor allem der Einstellungsprozess kann hierdurch verobjektiviert werden und zu gerechteren Ergebnissen führen. Vorausgesetzt natürlich, dass der Algorithmus gerecht und fair ist. Auch sind durchaus Anwendungsbereiche denkbar, die zu einer besseren Gesundheit von Arbeitnehmern und eine bessere Arbeitsumgebung fördern. Dass durch KI zudem die Produktivität gesteigert werden kann, versteht sich von selbst.

Alles in allem ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bewerbungsverfahren und im Arbeitsverhältnis ein zweischneidiges Schwert. Risiken sind nicht von der Hand zu weisen, doch es gibt auch unverkennbare Chancen.

Künstliche Intelligenz und Datenschutz – Ein rechtlicher Drahtseilakt

Die Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis sind weit. Rechtlich sind dem Einsatz jedoch Grenzen gesetzt. Arbeitgeber stehen insbesondere vor der Herausforderung, den Einsatz von KI im Arbeitsverhältnis mit den Vorgaben zum Arbeitnehmerdatenschutz zu harmonisieren.

Denn in Teilen stehen sich Künstliche Intelligenz und der Beschäftigtendatenschutz diametral gegenüber. Die KI-Anwendungen im Arbeitsverhältnis „leben“ häufig von großen Datenmengen, um wirklich „intelligente Aussagen“ zu Personalentscheidungen treffen zu können. Doch das Bundesdatenschutzgesetz und die Datenschutz-Grundverordnung setzen hier enge Leitplanken.

Der Grundsatz der Datenminimierung und der Zweckbindungsgrundsatz sind datenschutzrechtliche Leuchttürme. Die Verarbeitung von personenbezogenen Beschäftigtendaten ist auf das absolut Notwendige zu beschränken. Die Verarbeitungszwecke müssen eindeutig und von vornherein festgelegt sein.

Damit steht im Einklang, dass personenbezogene Daten von Arbeitnehmern nur verarbeitet werden dürfen, soweit dies für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erforderlich ist (§ 26 Bundesdatenschutzgesetz). Erforderlichkeit meint vor allem, dass der Arbeitgeber Datenverarbeitungen zweckmäßig durchführt und dabei diejenige Verarbeitung wählt, die – bei gleicher Zielerreichung – die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern am besten schont. Schließlich darf die Verarbeitung mit Blick auf den mit der Verarbeitung verfolgten Zweck auch nicht unverhältnismäßig sein. Die Interessen des Unternehmens müssen die Persönlichkeitsinteressen von Mitarbeitern überwiegen.

Diese Einschränkungen bringen es mit sich, dass die Erstellung von ausführlichen Persönlichkeitsprofilen und eine sogenannte Totalüberwachung von Mitarbeitern nicht zulässig ist. Die Auswertung von öffentlichen Daten aus den sozialen Medien hingegen könnte im Einzelfall zulässig sein, da der Mitarbeiter seine Daten der Öffentlichkeit preisgegeben hat und damit einen verminderten Schutz genießt.

Ein Problem stellt sich dort, wo Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis auf besondere Kategorien von personenbezogenen Daten im Sinne von Artikel 9 Datenschutz-Grundverordnung zurückgreift. Diese Art von Daten dürfen nur unter strengeren Voraussetzungen verarbeitet werden. In der Verordnung findet sich die Maßgabe, dass die Verarbeitung solcher Daten grundsätzlich untersagt ist.

Ein weiteres wichtiges Thema betrifft die automatisierte Entscheidungsfindung. Insofern legt die Datenschutz-Grundverordnung fest, dass Entscheidungen nicht auf einer automatisierten Verarbeitung – das Profiling eingeschlossen – beruhen dürfen. Somit darf Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis lediglich zur Vorbereitung von Entscheidungen eingesetzt werden, die letztlich von der Personalabteilung getroffen werden. Automatisierte Bewerberauswahlprozesse, Gehaltsanpassungen, Versetzungen oder gar Kündigungen sind danach unzulässig.

Bei den Informations- und Betroffenenrechte erstreckt sich die vom Arbeitgeber geforderte Information und Auskunft nicht nur auf die Verarbeitungszwecke und die in die Verarbeitung einbezogenen Daten, sondern vor allem auch auf die Funktionsweise des Algorithmus. Es geht also um die Frage, welche konkreten Rückschlüsse der KI-Algorithmus aus diesen Daten ziehen kann.

Diskriminierungstendenzen durch Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis

Nicht nur der Datenschutz ist ein rechtliche Herausforderungen beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis. Denkbar ist außerdem, dass der KI-Anwendung bereits durch die Speisung mit bestimmten Daten bzw. Datensätzen eine Fehlerneigung „antrainiert“ wird.

Wenn eine KI-Anwendung im Bewerbungsprozess überwiegend mit männlichen Daten gespeist wird, kann es sein, dass männliche Bewerber im Bewerbungsprozess bevorzugt werden. Doch auch Fehler im Algorithmus sind denkbar. Letztlich ist der Algorithmus immer nur das Produkt seiner Programmierung.

Wenn die Daten also die KI-Anwendung zu fehlerhaften Schlüssen verleiten oder die hinter der Künstlichen Intelligenz liegende Programmierung rechtlichen Aspekten keine hinreichende Beachtung schenkt, kann die auf dem Ergebnis der KI-Anwendung beruhende Personalentscheidung diskriminierenden Charakter haben.

Das Risiko von Verstößen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis ist nicht von der Hand zu weisen. Arbeitgeber sind gut beraten, hier größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen, um keine rechtlichen Nachteile in Form von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen zu erleiden.

Im Rahmen seiner Überwachungsaufgabe sollte der Betriebsrat hierauf ein besonderes Augenmerk legen.

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis

Beim Thema Künstliche Intelligenz im Arbeitsverhältnis hat der Betriebsrat weitreichende Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte. Diese hat der Gesetzgeber zuletzt durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz sogar gestärkt.

Allen voran ist hier an das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG zu denken. Danach hat der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mitzubestimmen, mit denen eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle durchgeführt werden kann.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Arbeitgeber mit der Einrichtung eine Überwachung durchführen will. Allein entscheidend ist die Überwachungseignung. Im Fall von Künstlicher Intelligenz wird es gerade darum gehen, die Leistung und das Verhalten von Beschäftigten zu kontrollieren, um daraus Rückschlüsse für Personalentscheidungen gewinnen zu können.

Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats sollten jedoch nicht auf dieses Mitbestimmungsrecht reduziert werden. Abhängig davon, in welcher Phase des Arbeitsverhältnisses Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt, können weitere Rechte des Betriebsrats berührt sein.

Beim Einsatz von KI im Bewerbungsprozess ist allen voran an die Rechte des Betriebsrats aus § 95 BetrVG zu denken. Es könnten Auswahlrichtlinien zum Einsatz kommen, die die personelle Auswahl bei Einstellung, Versetzung, Umgruppierung oder Kündigung lenken. Auch hier hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, das sich vor allem auch auf die Funktionsweise des KI-Algorithmus erstreckt. § 95 Abs. 2a BetrVG stellt übrigens nun ausdrücklich klar, dass die Mitbestimmung des Betriebsrats auch bei Künstlicher Intelligenz greift.

Im Arbeitsverhältnis könnte der Arbeitgeber Künstliche Intelligenz bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze (§ 94 Abs. 2 BetrVG) oder Personalfragebögen (§ 95 Abs. 1 BetrVG) einsetzen. Auch insofern hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Es bedarf wenig Phantasie, um die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz bei der teilautomatisierten Beurteilung von Mitarbeitern, etwa bei der Zielerreichung, zu erfassen.

Bei der Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung bezieht sich das Informationsrecht des Betriebsrats nun ausdrücklich auf den Einsatz Künstliche Intelligenz. Nicht nur im Bereich der Personalabteilung besitzt Künstliche Intelligenz das Potenzial, Arbeitsabläufe grundlegend zu verändern. Die Spannweite der möglichen Änderungen reicht praktisch in alle Berufe hinein.

Die Information nach § 99 Abs.1 BetrVG dürfte sich bei der Einstellungsentscheidung auch auf diejenigen Erkenntnisse beziehen, die aus einer Recruiting-Software stammen.

Recht auf Hinzuziehung IT-Sachverständiger bei Künstlicher Intelligenz

Neu ist das Recht des Betriebsrats, bei Einführung und Anwendung Künstlicher Intelligenz im Arbeitsverhältnis einen technischen Sachverständigen hinzuzuziehen, ohne dass es insofern auf die Erforderlichkeit ankommen würde. Die Erforderlichkeit wird vom Gesetzgeber insofern aufgrund der Komplexität von KI-Anwendungen sowie deren potenziellen Auswirkungen unterstellt.

Gleichwohl ist auch weiterhin eine nähere Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über die Hinzuziehung von IT-Sachverstand zu treffen. Der Arbeitgeber muss mit der Person des IT-Sachverständigen und den mit dem Einsatz verbundenen Kosten einverstanden sein. Wenn der Arbeitgeber sich nicht einverstanden erklärt, muss der Betriebsrat weiterhin ein Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht einleiten.

Das erforderlichkeits-unabhängige Recht des Betriebsrats auf Hinzuziehung von IT-Sachverstand hat zum Teil Kritik in der Welt der Juristen erfahren. Einige Juristen fürchten, dass eine hohe Kostenbelastung auf Arbeitgeber zukommen könnte. Dieses Argument verfängt jedoch nicht.

Zum einen stellt Künstliche Intelligenz für Betriebsräte eine große Herausforderung dar, bei der das verfügbare Wissen und Know How deutlich beschränkt sein dürfte. Andererseits wird damit der Tendenz entgegengewirkt, Betriebsräten die Hinzuziehung von Sachverständigen (jeglicher Fachrichtung) durch die Anmeldung häufig unbegründeter Zweifel an der Erforderlichkeit zu erschweren.

Fazit zum Einsatz von KI im Arbeitsverhältnis

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist im Arbeitsleben angekommen. Künstliche Intelligenz kommt sowohl im Recruiting-Prozess als auch im Arbeitsverhältnis zur Anwendung. Das eigentliche Ziel, bessere Personalentscheidungen zu treffen, für besseres Arbeitsbedingungen zu sorgen und die Fairness zu erhöhen, könnte sich bei Fehlern bei den Datensätzen und im KI-Algorithmus auch in einen Nachteil wandeln.

Rechtlich sind dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz gewisse Schranken gesetzt. Allen voran der hohe Datenschutzstandard setzt dem unbeschränkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz Grenzen. Aber auch andere rechtliche Bestimmungen, wie zum Beispiel jene des Diskriminierungsrechts, müssen beim Einsatz Beachtung finden.

Dem Betriebsrat stehen beim Thema Künstliche Intelligenz zahlreiche Mitbestimmungsrechte zur Seite. Er kann diese fruchtbar machen, um Arbeitnehmer von unangemessenen oder ungewünschten Auswirkungen Künstlicher Intelligenz zu schützen und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in den Betrieben zu steuern.

Mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz hat der Gesetzgeber die Rechte des Betriebsrats beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz unterstrichen. Bei der Hinzuziehung von IT-Sachverstand kommt es nun nicht mehr auf die Erforderlichkeit an – ein häufiger Streitpunkt zwischen den Betriebsparteien bei Hinzuziehung von Sachverständigen. Ob die Hinzuziehung dadurch tatsächlich erleichtert wird oder sich Streitigkeiten auf andere Aspekte der Hinzuziehung verlagern, bleibt abzuwarten.