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Homeoffice und mobiles Arbeiten: Wir bringen Sie auf den neusten Stand

Sie haben sicher davon gehört: Die Homeoffice-„Pflicht“ in der Corona-Arbeitsschutzverordnung ist zum 30.06.2021 ausgelaufen. Das bedeutet aber nicht, dass Homeoffice im weitesten Sinne an Bedeutung verlieren würde. Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen haben die Vorteile und Annehmlichkeiten zu schätzen gelernt, die mit Homeoffice und hybrider Arbeit verbunden sind. Und wollen auch zukünftig weiter daran festhalten.

Zeitgleich wirft die Arbeit im Homeoffice und mobile Arbeit immer wieder verschiedene rechtliche Fragen auf, die noch nicht abschließend geklärt sind. Und zwar sowohl auf individualrechtlicher als auch auf kollektivrechtlicher Ebene. Auf einige Themen, die jüngst in diesem Zusammenhang aufgekommen sind, möchten wir Ihnen Antworten geben, damit Sie auf dem neusten Stand bleiben.

Gibt es eine Homeoffice-Pflicht für Arbeitnehmer?

In der Corona-Arbeitsschutzverordnung in der Fassung bis zum 30.06.2021 sowie im Infektionsschutzgesetz war die Verpflichtung an Arbeitgeber adressiert, den Mitarbeitern die Arbeit von zu Hause anzubieten, wenn zwingende betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Korrespondierend gab es die Pflicht von Arbeitnehmern nach dem Infektionsschutzgesetz, das Angebot des Arbeitgebers anzunehmen – wenn keine Gründe entgegenstanden. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung wurde dadurch eingeschränkt.

Mit Wegfall der arbeitgeberseitigen Verpflichtung gibt es keine Rechtsgrundlage mehr für eine Homeoffice-Pflicht. Dies zumindest dann, wenn keine entsprechenden Regelungen in Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen existieren.

Eine Verpflichtung zur vorübergehenden (!) Arbeit im Homeoffice konnte allenfalls in der akuten Phase der Coronavirus-Pandemie angenommen werden, um die Mitarbeiter vor gesundheitlichen Gefahren einerseits zu schützen und andererseits eine womöglich bestehende existenzgefährdende Ausnahmesituation zu überbrücken.

Besteht ein Recht von Arbeitnehmern auf die Arbeit im Homeoffice?

Nach einhelliger Auffassung gibt es auch kein Recht von Mitarbeitern, ihre Arbeitsleistung im Homeoffice zu erbringen. Das Direktionsrecht von Arbeitgebern bezieht sich grundsätzlich auch auf den Ort der Erbringung der Arbeitsleistung. Grundsätzlich wird die Arbeit in der Betriebsstätte zu erbringen sein. Der Arbeitgeber hat aber, wie dargelegt, kein Recht, die Arbeit in die häusliche Sphäre von Mitarbeitern zu verlagern.

Eine Ausnahme gilt für den Fall, dass der Arbeitgeber mit den Mitarbeitern eine entsprechende Vereinbarung über die Arbeit im Homeoffice getroffen hat. Nur in diesen Fällen und bei Vorliegen von besonderen Umständen können Mitarbeiter ein Recht darauf haben, ihre Arbeit im Homeoffice erbringen zu dürfen.

Wird ein Recht auf Homeoffice durch das Mobile-Arbeit-Gesetz eingeführt?

Auch durch das Mobile-Arbeit-Gesetz in der Fassung des Referentenentwurfs des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wird es weder eine Verpflichtung noch ein Recht auf die Arbeit im Homeoffice geben.

Sollte der Referentenentwurf vom neuen Gesetzgeber aufgegriffen und verabschiedet werden, so ergäbe sich hierdurch nur die Verpflichtung des Arbeitgebers, mit dem Mitarbeiter die Arbeit im Homeoffice zu „erörtern“.

Der Mitarbeiter hätte aber nicht die Befugnis, Homeoffice einseitig zu erzwingen. Jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitgeber seiner Erörterungs- und Bescheidungspflicht ordnungsgemäß nachkommt.

Kann eine Homeoffice-Pflicht durch Betriebsvereinbarung begründet werden?

Der Arbeitgeber könnte auf Sie zukommen und versuchen, eine Homeoffice-Pflicht über eine Betriebsvereinbarung Homeoffice zu begründen. Regelmäßig wird es in den jeweiligen Arbeitsverträgen an einer Befugnis mangeln, Homeoffice gegenüber Arbeitnehmern einseitig anordnen zu dürfen.

Zu beachten ist, dass in vielen Fällen der Arbeitsort bereits im Arbeitsvertrag festgelegt ist. Wo es an einer entsprechenden Vereinbarung fehlt, ist der Betriebssitz der Ort der Arbeitsleistung.

Einige Arbeitsverträge sind jedoch betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Das heißt, die arbeitsvertraglichen Regelungen sind auch einer Verschlechterung durch eine Betriebsvereinbarung zugänglich. Darüber hinaus haben Sie vielleicht davon gehört, dass nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kollektive Arbeitsbedingungen in Arbeitsverträgen einer (nachteiligen) Änderung durch die Betriebsvereinbarung zugänglich sein können.

Was der Vereinbarung einer Homeoffice-Pflicht für Arbeitnehmer durch Betriebsvereinbarung aber einen Riegel vorschieben dürfte, ist die grundrechtlich verbürgte Unverletzlichkeit der Wohnung.

Auch die Betriebsparteien sind an Recht und Gesetz gebunden. Die Wohnung von Arbeitnehmern als Zentrum ihrer persönlichen Privatsphäre entzieht sich der Regelungsmacht der Betriebsparteien. Eine Betriebsvereinbarung, die eine Homeoffice-Pflicht vorschreibt, wäre jedenfalls in diesem Punkt unwirksam.

Arbeitnehmer haben im Homeoffice gearbeitet. Kann der Arbeitgeber die Mitarbeiter aus dem Homeoffice wieder zurückholen?

Ob und unter welchen Voraussetzungen das möglich ist, ist anhand der vertraglichen Absprachen zwischen den Arbeitsvertragsparteien zu prüfen.

Ganz grundsätzlich hat der Arbeitgeber aber das Recht, die Arbeit aus dem Homeoffice heraus zu beenden und kraft seines Direktionsrecht den Betriebssitz wieder als Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen.

Dies ist auch zwischenzeitlich durch ein Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 26.08.2021 bestätigt. Danach soll dem Arbeitgeber das Recht zustehen, einen Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurückzubeordern, wenn betriebliche Gründe gegen die weitere Arbeit im Homeoffice sprechen.

Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 26.08.2021 – 3 SaGa 13/21

Stets seien aber die wechselseitigen Interessen und Belange der Parteien zu berücksichtigen. Wenn weder technische Gegebenheiten, datenschutzrechtliche Belange oder sonstige schutzwerten Interessen der Erbringung der Arbeitsleistung im Homeoffice entgegenstehen, kann die Abwägung auch anders ausgehen. Dies insbesondere dann, wenn für die Arbeit im Homeoffice gesundheitliche Gründe streiten.

Welche Mitbestimmungsrechte bestehen aufseiten des Betriebsrats, wenn die Arbeit im Homeoffice erbracht wird?

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Verlagerung der Arbeit in das Homeoffice (und zurück) eine zustimmungspflichtige Versetzung nach § 95 BetrVG darstellt.

Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berührt:

  • Information nach § 90 Abs. 2 BetrVG aufgrund von Änderungen von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung
  • Information nach § 92 BetrVG (Personalplanung) über die Beschäftigten im Homeoffice
  • Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (z.B. bei der Einführung einer IT-Richtlinie)
  • Beteiligung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (regelmäßig dürfte sich die Arbeitszeit im Homeoffice verändern)
  • Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung von – neuen – technischen Einrichtungen)
  • Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG (bei der Arbeit im Homeoffice gibt es andere Herausforderungen hinsichtlich des Gesundheitsschutzes)
  • Mitbestimmung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG (bei der Ausgestaltung von mobiler Arbeit)

Werden durch die Mitbestimmung bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausgeweitet?

Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz hat die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG um die


„Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird“,

ergänzt.

Doch ist damit tatsächlich eine Erweiterung Ihrer Rechte als Betriebsrat verbunden?

Unter „mobiler Arbeit“ ist ganz allgemein die Arbeit außerhalb der Betriebsstätte zu verstehen. Es kommt nicht dabei nicht darauf an, ob mobile Arbeit stetig oder nur anlassbezogen geleistet wird. Entscheidend ist zudem, dass die Arbeit auf Wunsch eines Mitarbeiters oder nach Maßgabe einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber außerhalb der Betriebsstätte erbracht wird.

Nicht unter mobile Arbeit fallen damit Konstellationen, bei denen die Arbeit außerhalb der Betriebsstätte bereits in der Natur der Tätigkeit liegt, wie etwa bei einem Außendienstmitarbeiter.

Ihr Mitbestimmungsrecht besteht im Hinblick auf die Ausgestaltung der mobilen Arbeit. Damit ist klar, dass das „Ob“ der mobilen Arbeit – wie bei vielen anderen Mitbestimmungsthemen im Rahmen von § 87 BetrVG – gerade nicht mitbestimmungspflichtig ist. Es geht nur um die Gestaltung des „Wie“.

Freundlicherweise hat der Gesetzgeber einige beispielhafte Gestaltungsthemen genannt:

  • Zeitlicher Umfang der mobilen Arbeit
  • Vereinbarung über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit
  • Regelungen über den konkreten Arbeitsort
  • Konkrete Anwesenheitspflichten im Betrieb
  • Regelungen zur IT-Ausstattung
  • Sicherheitsaspekte
  • Regelungen zum Umgang mit arbeitgeberseitiger IT
  • Vereinbarungen über die Kostenstragungslast des Arbeitgebers.

Das Mitbestimmungsrecht könnte sich auch darauf erstrecken, welchen Beschäftigten die Arbeit im Home- oder Mobileoffice ermöglicht wird. Einzelheiten zum Umfang des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats sind allerdings noch ungeklärt.

Alles in allem ist die Einführung von § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG zu begrüßen. Es handelt sich um eine Erweiterung der Einflussmöglichkeiten des Betriebsrats, da über die bisherigen klassischen Mitbestimmungsthemen beim Homeoffice hinaus weitere Themen im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice einer Regelung durch den Betriebsrat zugänglich sind.

Insofern kann durchaus davon die Rede sein, dass die Rechte des Betriebsrats eine Erweiterung erfahren haben. Im Gesetzesentwurf ist davon die Rede, dass das Gesetz Lückenfüllerfunktion für alle Regelungen bildet, mit denen mobile Arbeit ausgestaltet werden kann.