Als Betriebsrat mehrere Hunderttausend Euro pro Jahr verdienen – das wär doch was. Welche rechtlichen Spielregeln gelten eigentlich im Hinblick auf die Betriebsratsvergütung? Nach welcher Maßgabe erfolgt die Bestimmung der Vergütung der jeweiligen Betriebsratsmitglieder? Und welche rechtlichen Grenzen gibt es in Bezug auf den Entgeltschutz für die Betriebsratsvergütung?
Um euch das zu verdeutlichen, werde ich auf den Fall von Bernd Osterloh eingehen. Bernd Osterloh, das war ja der Betriebsratsvorsitzenden von VW. Und bekanntlich hat dieses Betriebsratsmitglied eine sehr herausgehobene Vergütung erhalten. Ich will ganz kurz auf diesen Fall eingehen. In diesem Zusammenhang werde ich auch die Frage aufwerfen, ob die Vergütung, die Bernd Osterloh erhalten hat, tatsächlich vom Entgeltschutz gedeckt ist.
Eine Selbstverständlichkeit – Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt
Bevor wir überhaupt auf das Thema Vergütung von Betriebsratsmitgliedern zu sprechen kommen, möchte ich auf einen ganz wichtigen Aspekt eingehen, der für die Betriebsratsarbeit von Bedeutung ist. Du wirst es wahrscheinlich wissen, weil es einfach eine Selbstverständlichkeit ist: Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt. Das bedeutet, dass Betriebsräte für ihre Tätigkeit im Betriebsrat ganz grundsätzlich keine zusätzliche Vergütung beanspruchen können. Man mag das gut oder schlecht finden, es ist so, wie es ist.
Unabhängig davon, wie komplex die Betriebsratsarbeit heute, ist gibt es für Betriebsratsmitglieder keine gesonderte Vergütung für das, was sie für den Betrieb im Betriebsrat leisten. Auf der anderen Seite, d.h. auf Seiten der Arbeitgebervertreter, wird das ganz gewiss anders aussehen. Sie bekommen für ihre Arbeit eine herausgehobene Vergütung für das, was sie leisten und die Position, die sie im Unternehmen bekleiden.
Und auch wenn Betriebsratsmitglieder diesen Vertretern fast auf Augenhöhe begegnen und mit Ihnen gewisse Aspekte im Betrieb auf Augenhöhe verhandeln, bekommen Sie trotzdem nicht die Vergütung, die womöglich angesichts der Komplexität der Themen fair wäre.
Das muss Dir klar sein: Das Betriebsratsamt ist also ein Ehrenamt und als solches bringt es mit sich, dass man dafür keine zusätzliche Vergütung erhält. Und sollte das im Einzelfall anders sein, dann würde eine unzulässige Betriebsratsbegünstigung vorliegen, die strafbewährt ist. Das ist also der Grund, warum Betriebsräte für ihre Arbeit keine Vergütung erhalten. Erstens ist es ein Ehrenamt, und zweitens dürfen sie aufgrund ihres Betriebsratsamtes nicht begünstigt werden. Und das schließt es aus, dass sie eine Vergütung dafür erhalten, dass sie gewisse Tätigkeiten im Betriebsrat erbringen.
Vergütung von Betriebsratsmitgliedern – Der Entgeltschutz
Die Betriebsratsbegünstigung, die verboten ist, ist eine Seite der Medaille. Gleichermaßen ist es untersagt, Betriebsräte aufgrund ihrer Tätigkeit im Betriebsrat zu benachteiligen. Und das bringt es mit sich, dass Betriebsräte ebenfalls nicht in Bezug auf das Entgelt, das sie erhalten, benachteiligt werden dürfen. Und dem trägt § 37 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz Rechnung. Dort steht im Wesentlichen geschrieben, dass Betriebsratsmitglieder bei der Vergütung nicht deswegen schlechter gestellt werden dürfen, weil sie ihrer Betriebsratsarbeit nachgehen.
Danach darf das Entgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen sein als das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung. Das ist der sogenannte Entgeltschutz. Wir haben in diesem Entgeltschutz also zwei Merkmale enthalten. Erstens müsste es muss sich um vergleichbare Arbeitnehmer handeln im Verhältnis zum entsprechenden Betriebsratsmitglied. Und zweitens muss eine betriebsübliche Entwicklung vorliegen. Nach dieser Maßgabe besteht Entgeltschutz für Betriebsratsmitglieder. Entsprechend dieser Kriterien ist die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern laufend zu bestimmen und neu zu justieren. Doch was ist ein vergleichbare Arbeitnehmer und wann liegt eine betriebsübliche Entwicklung vor?
Wir müssen zunächst einmal diese zwei Kriterien definieren, damit wir eine präzisere Vorstellung davon bekommen, was genau dieser Entgeltschutz bedeutet und wie weit er tatsächlich reicht. Beginnen wir mit dem vergleichbaren Arbeitnehmer an.
Vergütungsentwicklung – Der vergleichbare Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung
Es muss sich um ein Arbeitnehmer handeln, mit dem das jeweilige Betriebsratsmitglied vergleichbar ist. Und vergleichbar sind Arbeitnehmer, die entweder die gleiche Tätigkeit wie das Betriebsratsmitglied ausgibt haben (zum Zeitpunkt des Eintritts in das Betriebsratsamt). Oder solche, die zumindest eine gleich qualifizierte Tätigkeit ausgeübt haben. Das ist also erforderlich und es bedeutet, dass das Betriebsratsmitglied letztendlich in Bezug auf Qualifikation mit dem jeweiligen Mitarbeiter vergleichbar sein muss.
Verpflichtung zur Anpassung der Betriebsratsvergütung
Darüber hinaus ist auch die Persönlichkeit ausschlaggebend, wenn es darum geht, eine mögliche Vergleichbarkeit herzustellen. Das ist also der vergleichbare Arbeitnehmer: Man schaut sich letztendlich an, welche Entwicklung vergleichbare Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der betrieblichen Gegebenheiten genommen haben. Und wenn man hier zu der Feststellung gelangt, dass es eine solche betriebliche Entwicklung gibt, die mit einer Anpassung der Vergütung verbunden gewesen ist oder verbunden ist, dann ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Vergütung der Betriebsratsmitglieder entsprechend anzupassen und neu zu justieren.
Und das erfolgt nicht erst, nachdem das Betriebsratsamt geendet hat. Also, dass Arbeitgeber dann nach Beendigung des Betriebsratsamtes auf den Arbeitnehmer zutritt und erst dann eine Anpassung vornimmt. Sondern diese Anpassung muss wirklich laufend erfolgen. D.h., es ist stets zu evaluieren, ob eine Anpassung bei dem jeweiligen Betriebsratsmitglied geboten ist. Das ist also der so genannte Entgeltschutz, der fortlaufend zu erfolgen hat nach Maßgabe der vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb und nach Maßgabe der betriebsüblichen Entwicklung.
Was als Betriebsratsmitglied tun, wenn die Vergütung schlechter ist?
Und wenn Du als Betriebsratsmitglied jetzt vielleicht zu der Erkenntnis gelangst, dass bei dir die betriebsübliche Entwicklung noch gar nicht nachvollzogen worden ist, dann solltest du auf jeden Fall die Gehaltsanpassung einfordern. Letztendlich hast du einen Anspruch darauf. Das Gesetz will Dich insofern schützen und Dir die Vergütung zukommen lassen, die dir zugestanden hätte, wenn du das Betriebsratsamt nicht angenommen hättest. Du sollst ja als Betriebsratsmitglied nicht schlechter stehen, nur weil Du Betriebsratstätigkeiten ausübst und Dich für die Belange von Arbeitnehmern im Betrieb einsetzt. Das Gesetz will Dir deswegen letztendlich auch bei der Vergütung entgegenkommen und dir zumindest die Vergütung zusichern, die dir bei einer fortlaufenden Arbeitstätigkeit ohne das Betriebsratsamt zugestanden hätte.
Du müsstest, wenn Du hier eine gewisse Diskrepanz feststellst, selbst tätig werden. Du müsstest dann gegebenenfalls die Gehaltsdifferenz einklagen. Dabei müsstest Du auch darauf aufpassen, ob es bei Dir nicht vielleicht gewisse Ausschlussregelung gibt, die dazu führt, dass Du rückwirkend nur in einem gewissen Umfang Deine entsprechenden Vergütungsansprüche geltend machen könntest. Du musst prüfen, was bei Dir im Arbeitsvertrag steht. Ob es nicht gegebenenfalls sogar tarifvertragliche Regelungen gibt, die dazu führen, dass Ansprüche, die länger zurückliegen, ausgeschlossen sind. Und wenn Du jetzt hier ein Thema sehen solltest, dann solltest du Dich auf jeden Fall an den Anwalt Deines Vertrauens wenden.
Mehrere Hunderttausende Euro für Betriebsratsmitglieder möglich?
Wir reden ja hier begrifflich vom sogenannten „Entgeltschutz“. Und das leitet uns über zum Fall von Bernd Osterloh, dem ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden bei Volkswagen. Denn wir wissen ja, Bernd Osterloh hat eine Vergütung erhalten, die jenseits des Vorstellbaren ist – eine Vergütung von mehreren Hunderttausend Euro pro Jahr. Und da mag man sich die Frage stellen: Geht der Entgeltschutz tatsächlich so weit? Kann die Vergütung von Betriebsräten sogar auf die Vergütung der Managementebene anzupassen sein? Oder gibt es da vielleicht doch gewisse Grenzen, die es einzuhalten gilt?
Staatsanwaltschaft klagte im Fall Osterloh wegen Untreue an
Die Ermittlungsbehörden, d.h. die Staatsanwaltschaft, ist offensichtlich davon ausgegangen, dass derartige Gehaltssphären für Betriebsräte auf jeden Fall nicht vom Entgeltschutz erfasst sind. Ansonsten hätte die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhoben. Die Staatsanwaltschaft hat aber Anklage erhoben gegenüber den alten Managern des Volkswagen-Konzerns. Und dies mit der Begründung, dass die Vergütung, die Bernd Osterloh und weiteren Betriebsräten gewährt worden ist, auf jeden Fall das übliche Maß überschritten hätte.
Und dadurch hätten die Manager dem Konzern finanziellen Schäden zugefügt. Die Anklage lautete auf Untreue. Die Staatsanwaltschaft hat im Fall von Osterloh gesagt dass, Osterloh nach ganz anderer Maßgabe hätte vergütet werden müssen. Beziehungsweise, dass die Gehaltsanpassung im Fall von Osterloh nach ganz anderen Maßstäben hätte erfolgen müssen.
Berufliche Entwicklung von Mitarbeitern aus Qualitätssicherung maßgeblich
Die Staatsanwaltschaft ist davon ausgegangen, dass Osterloh in den 90er Jahren, d.h., bevor er überhaupt in das Betriebsratsamt berufen worden ist, als Mitarbeiter in der Qualitätssicherung tätig gewesen sei. Und deswegen müsste man auf die berufliche Entwicklung eines Mitarbeiters in der Qualitätssicherung abstellen. Und wenn man die betriebsübliche Vergütungsentwicklung nach dieser Maßgabe nachzeichnet, dann führe das zum Ergebnis, dass Osterloh eine Vergütung von ungefähr von 40.000 Euro als Grundgehalt erhalten hätte, zuzüglich eines Bonusanspruchs von circa 6000 Euro.
Das sind also die Annahmen, von denen die Staatsanwaltschaft ausgegangen ist. Und deswegen auch Anklage erhoben hat. Im Konzern selbst gab es auch den Vorwurf, dass hier eine klassische Betriebsratsbegünstigung vorgelegen hätte, um sich einfach die Gunst des Betriebsrates des VW-Konzerns zu verdienen. Das sind also letztendlich die Vorwürfe, auch die strafrechtlichen Vorwürfe, die im Raum standen. Deswegen wurde Anklage erhoben gegen die VW-Manager.
Landgericht Braunschweig sah keine Untreue
Letztendlich hat sich das Landgericht Braunschweig dieser Anklage nicht angeschlossen. Es hat die Manager nicht verurteilt, weil es davon ausging, dass der Straftatbestand der Untreue nicht gegeben gewesen sei. Und doch mag man sich bei diesen Gehaltssphären die Frage stellen, ob hier nicht doch eine verbotene Betriebsratsbegünstigung vorgelegen habe. Denn welcher Betriebsrat, welches Betriebsratsmitglied, das vormals im Bereich der Qualitätssicherung gearbeitet hat, erreicht solche Gehaltsbereiche?
Und im Fall von Osterloh waren das im Jahr 1014 ungefähr 700.000 Euro. Das ist natürlich erheblich und wirft die Frage auf, welche berufliche Entwicklung hier eigentlich nachvollzogen wurde. Offenkundig ist man davon ausgegangen, dass Bernd Osterloh, wenn er weitergearbeitet hätte, von zahlreichen Beförderung profitiert hätte. Von Beförderungen, die ihn letztendlich auch in den Bereich der Managementebene geführt hätten.
Was wäre wenn…?
Also, bei mir herrscht ein wenig Skepsis angesichts der Gehaltsbereiche, über die wir hier sprechen. Wir haben auf der einen Seite einen Mitarbeiter der Qualitätssicherung. Und auf der anderen Seite reden wir über Gehälter, die normalerweise der Managementebene zuzuordnen sind. Und die Frage ist: Hätte sich Herrn Osterloh tatsächlich in Richtung der Managementebene entwickelt? Ist das wirklich gerechtfertigt? Oder anders ausgedrückt: Würde ein vergleichbarer Arbeitnehmer eine derartige betriebliche Entwicklung nehmen?
Ja, es ist auch auf die persönlichen Fähigkeiten des jeweiligen Betriebsratsmitglieds und auf die Persönlichkeit abzustellen. Zweifellos wird Herr Osterloh über eine außerordentliche Qualifikation, hervorragende Kenntnisse usw. verfügen. Und trotzdem ist der Weg von einem Mitarbeiter der Qualitätssicherung in die jeweilige Managementebene doch relativ weit. Ich bin jetzt nicht mit den betrieblichen Details bei Volkswagen vertraut. Ich weiß nicht, nach welcher Maßgabe und in welchen Schritten dort Beförderungen vorgenommen werden. Aber jedenfalls drängt sich bei mir die Frage auf, ob das bei VW wirklich möglich ist. Ob das wirklich eingetreten wäre, wenn Bernd Osterloh seine Arbeit fortgesetzt hätte.
Können Betriebsratsmitglieder überhaut wie leitende Angestellte verdienen?
Und ein ganz wichtigen Gedanken möchte ich noch mit Dir teilen. Wir haben es hier mit Gehaltsbereichen zu tun, die normalerweise einem Mitarbeiter zu Gute kommen, der auch leitender Angestellter ist. Und die Frage, die man sich hier stellen muss, ist, ob ein Betriebsratsmitglied überhaupt die Vergütung eines leitenden Angestellten erhalten kann. Oder ob das nicht doch über den klassischen Entgeltschutz hinausgeht. Was wäre denn die Konsequenz, wenn ein Betriebsratsmitglied leitender Angestellter werden würde?
Das spricht gegen eine Vergütung nach Maßgabe von leitenden Angestellten
Die Konsequenz wäre, dass das Betriebsratsmitglied dann die Wählbarkeit verlieren würde. Was letztendlich dazu führen würde, dass dieses Betriebsratsmitglied aus dem Amt des Betriebsrates ausscheiden müsste. Also, das Betriebsverfassungsgesetz scheint gar nicht darauf ausgelegt zu sein, dass ein Betriebsratsmitglied tatsächlich die Vergütung eines leitenden Angestellten bekommt. Und da stellt sich aus meiner Sicht die Frage, ob man diese betriebsübliche Entwicklung überhaupt so weit denken kann, dass Betriebsratsmitglieder letztendlich die Vergütung eines leitenden Angestellten erhalten.
Leitende Angestellte im Lager des Arbeitgebers
Ein leitender Angestellter bekommt eine derartige Vergütung deshalb, weil er eine hervorgehobene Position im Unternehmen wahrnimmt. Er befindet sich im Lager des Arbeitgebers und tritt für die Belange des Unternehmens ein. Also wir haben hier gewissermaßen ein Strukturproblem. Wir haben hier einerseits das Betriebsratsamt und auf der anderen Seite den leitenden Angestellten, der eigentlich in einem anderen Lager sitzt. Und auch das ist aus meiner Sicht ein Argument, das dagegen spricht, dass sich Betriebsräte tatsächlich in Richtung eines leitenden Angestellten entwickeln können. Auch insofern, als es hier „nur“ um die Vergütung des Betriebsratsmitglieds geht.
Zusammenfassung
Das sind die Gedanken, die ich habe und die Fragen, die ich mir stelle. Ich will das alles gar nicht abschließend rechtlich beurteilen. Zum Schluss möchte ich nur kurz zusammenfassen, was für Dich hier wichtig ist. Für Dich ist wichtig zu wissen, dass Du als Betriebsratsmitglied Entgeltschutz hast. Du kannst Dich als Betriebsratsmitglied, vor allem als freigestelltes Betriebsratsmitglied, nicht in der gleichen Weise entwickeln wie andere Arbeitnehmer und bleibst bei deiner beruflichen Entwicklung hinter anderen Arbeitnehmern zurück. Und dieses Defizit will das Gesetz kompensieren, in dem Dir als Betriebsratsmitglied die Vergütung zugute kommt, die vergleichbare Arbeitnehmer mit der betriebsüblichen Entwicklung bekommen.
Und wenn Du hier feststellen solltest, dass es ein Defizit gibt und dass Du eigentlich im Vergleich zu anderen vergleichbaren Arbeitnehmern zu gering vergütet wirst, dann solltest Du hier möglichst schnell tätig werden, weil bei dir gegebenenfalls Ausschlussfristen laufen.