So gelingt die Betriebsvereinbarung Kurzarbeit
In Zeiten des Coronavirus hat die Kurzarbeit Hochkonjunktur – das merken wir auch in unserem Anwaltsalltag. Unternehmen begründen die Notwendigkeit der Einführung von Kurzarbeit unter anderem mit Auftragsverlusten. Bei ihren Absichten dürfen sie jedoch den Betriebsrat nicht außen vor lassen. Die Einführung und Ausgestaltung von Kurzarbeit fällt unter die Mitbestimmung des Betriebsrats. In einer Betriebsvereinbarung kann dieser die Voraussetzungen für Kurzarbeit schaffen und Maßgaben festsetzen. In diesem Leitfaden zeigen wir auf, wie der Betriebsrat zu einer guten Betriebsvereinbarung gelangt. Zuvor stellen wir die mitbestimmungsrechtlichen Grundlagen dar.
Außerdem ist in diesem Beitrag ein Muster einer Betriebsvereinbarung Kurzarbeit zum Download enthalten.
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kurzarbeit
Die Kurzarbeit ist für Unternehmen ein bewährtes Mittel, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzumildern. Die Bundesregierung erhöht nun noch die Attraktivität von Kurzarbeit durch ein Maßnahmenpaket, das den Zugang zu Kurzarbeitergeld erleichtert. Dadurch sollen Arbeitsplätze erhalten, Unternehmen gesichert und die Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet bleiben. Vor diesem Hintergrund ist allzu verständlich, dass Unternehmen nun in Windeseile Kurzarbeit auf den Weg bringen möchten. Erste Unternehmen treten auf ihre Arbeitnehmer zu und drängen sie zur Unterzeichnung von Ergänzungsvereinbarungen. In diesen Schriftstücken ist das Recht des Arbeitgebers vorgesehen, einseitig Kurzarbeit anordnen zu können. Dieses Vorgehen kommt nicht von ungefähr: Arbeitgeber bedürfen zur Anordnung von Kurzarbeit einer Rechtsgrundlage, wie z.B. in Form einer arbeitsvertraglichen Ergänzungsregelung.
Diesem Vorgehen sollten Betriebsräte frühzeitig einen Riegel vorschieben. Auch wenn derzeit eine absolute Ausnahmesituation gegeben ist, darf Kurzarbeit nicht an der Mitbestimmung des Betriebsrates vorbei eingeführt werden. Der Betriebsrat hat bei der Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber ohne Zustimmung des Betriebsrats bereits keine Kurzarbeit einführen darf. Wenn er dies dennoch tut, verhält er sich betriebsverfassungswidrig. In diesem Fall steht dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch zu, den er vor den Arbeitsgerichten durchsetzen kann.
Reichweite der Mitbestimmung bei Kurzarbeit
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ist weitreichend. Es bezieht sich insbesondere auf die Frage, ob überhaupt Kurzarbeit eingeführt werden soll. Da viele Unternehmen aufgrund des Coronavirus tatsächlich mit einer wirtschaftlichen Schieflage konfrontiert werden, werden Betriebsräte der Kurzarbeit aufgeschlossen gegenüberstehen. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sind gute Instrumente, um die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers einerseits und die finanziellen Interessen der Arbeitnehmer andererseits in Einklang zu bringen.
Daneben hat der Betriebsrat bei der Kurzarbeit in folgenden Bereichen mitzubestimmen:
- Zeitraum, in dem Kurzarbeit bestehen soll
- Festlegung der Bereiche, die von Kurzarbeit betroffen sind
- Bestimmung der betroffenen Arbeitnehmer
- Zeitlicher Umfang der Verkürzung der Arbeitszeit
- Bei der Verteilung der so verbliebenen Arbeitszeit auf die Wochentage
Wie bei vielen anderen Mitbestimmungsrechten steht dem Betriebsrat auch im Zusammenhang mit der Kurzarbeit ein Initiativrecht zu. Dementsprechend muss der Betriebsrat nicht warten, bis der Arbeitgeber auf den Betriebsrat mit dem Wunsch herantritt, Kurzarbeit einzuführen. Vielmehr kann er initiativ in Vorausschau auf die wirtschaftlichen Auswirkungen die Einführung und Verhandlung der Kurzarbeit verlangen. Lässt sich der Arbeitgeber hierauf nicht ein, kann der Betriebsrat bei Scheitern der Verhandlungen die Einigungsstelle anrufen.
Der Betriebsrat hat hingegen kein Mitbestimmungsrecht bei den finanziellen Folgen von Kurzarbeit. Er kann aber versuchen, im Rahmen der Verhandlung über die Kurzarbeit eine freiwillige Regelung mit dem Arbeitgeber zu erwirken.
Betriebsvereinbarung Kurzarbeit – Mit Muster
Im Normalfall werden Arbeitgeber aber ein vitales Interesse daran haben, zur Erhaltung des Unternehmens Kurzarbeit einzuführen. Dazu bedürfen sie aber einer rechtlichen Grundlage, die ihnen häufig fehlen dürfte. Bereits aus diesem Grund werden Arbeitgeber im Regelfall an den Betriebsrat herantreten und auf den Abschluss einer Betriebsvereinbarung hinwirken. Für den Betriebsrat geht es dann darum, dafür Sorge zu tragen, dass sinnvolle Regelung in einer solchen Betriebsvereinbarung untergebracht werden. Dabei ist sowohl den betrieblichen Notwendigkeiten wie auch den Interessen der Arbeitnehmerschaft Rechnung zu tragen.
Wichtige Eckpunkte einer Betriebsvereinbarung Kurzarbeit können insbesondere sein:
- Einführung, Beginn und Dauer der Kurzarbeit
- Verbindung von Kurzarbeit mit dem Kurzarbeitergeld
- Bestimmungen der Bereiche und der Arbeitnehmer
- Zeitliche Begrenzung der Kurzarbeit
- Regelungen über eine Verlängerung
- Verpflichtungen des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit
- Umgang mit Urlaubsansprüchen
- Modalitäten der Zahlung des Kurzarbeitergeldes
- Regelungen über Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber
- Auswirkungen der Kurzarbeit auf sonstige Entgeltansprüche
- Regelung zu bestehenden Arbeitskonten und dem Aufbau von Minusstunden
- Rechte des Betriebsrats hinsichtlich der Kurzarbeit (vor allem Konkretisierung von Informationsrechten)
- Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen während der Kurzarbeit
- Etablierung von Konfliktlösungsmechanismen
Wir haben für die Betriebsräte ein Gestaltungsraster entworfen, an dem sie sich bei der Entwicklung einer Betriebsvereinbarung Kurzarbeit orientieren können:
Wir unterstützen bei der Betriebsvereinbarung Kurzarbeit
- Beratung zum Mitbestimmungsrecht
- Erstellung Betriebsvereinbarung
- Verhandlung mit dem Arbeitgeber
- Workshop Kurzarbeit
- Prüfung Betriebsvereinbarung
- Einigungsstelle
Informationen zum Kurzarbeitergeld
Gedanklich ist die Einführung von Kurzarbeit von dem Kurzarbeitergeld abzugrenzen. Dieses zahlt die Agentur für Arbeit auf Antrag, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dabei ist grundsätzlich auch der Betriebsrat berechtigt, für die betroffenen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld zu beantragen. Entsprechende Antragsformulare befinden sich auf den Seiten der zuständigen Arbeitsagentur.
Bei der Anzeige gegenüber der Agentur für Arbeit hat der Betriebsrat darauf zu achten, dass die Gründe glaubhaft gemacht werden, die einen erheblichen Arbeitsausfall begründen. Zugleich müssen die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld dargelegt werden.
Der Zugang zum Kurzarbeitergeld ist in Zeiten der Corona-Krise aber wesentlich erleichtert. Der Betriebsrat sollte allerdings nicht zu allzu lang zögern, da Kurzarbeitergeld grundsätzlich erst von dem Monat der Anzeige gegenüber der Agentur geleistet wird.