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Aufstellung der Wählerliste

Raphael Lugowski,
  • In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie eine Wählerliste ordnungsgemäß aufstellen.
  • Sie werden wissen, welche Arbeitnehmer in die Liste aufzunehmen sind.
  • Auch werden Sie in der Lage sein, das Zuordnungsverfahren durchzuführen

Pflicht zur Aufstellung einer Wählerliste

Die Aufstellung einer ordnungsgemäßen Wählerliste ist zentral für eine korrekte Betriebsratswahl. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WO hat der Wahlvorstand eine Liste der Wahlberechtigten aufzustellen. Auf dieser hat er die Wahlberechtigten nach den Geschlechtern zu trennen. Sie sind zudem nach

  • Familienname
  • Vorname und
  • Geburtsdatum

in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen. Um ein ordnungsgemäße Wählerliste anfertigen zu können, benötigen Sie als Wahlvorstand Informationen. Deshalb haben Sie nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WO gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunftserteilung und Bereitstellung er erforderlichen Unterlagen. Die Auskunft soll den Wahlvorstand vor allem in die Lage versetzen, die leitenden Angestellten nach § 5 Abs. 3 BetrVG feststellen zu können. Desgleichen benötigt der Wahlvorstand auch Angaben zu den im Betrieb tätigen Leiharbeitnehmern, um deren Wahlberechtigung feststellen zu können.

Kommt der Arbeitgeber seiner gesetzlichen Auskunftsverpflichtung nicht nach, können Sie den Anspruch des Wahlvorstandes per einstweiliger Verfügung durchsetzen.

LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 02.04.2014 – 3 TaBV 2/14

Wählerliste: Nur Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG

Auf der Wählerliste hat der Wahlvorstand die Wahlberechtigten aufzustellen. Aus diesem Grund müssen Sie wissen, wer überhaupt die Wahlberechtigten sind. Dies wird in § 7 Satz 1 BetrVG beschrieben:

Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

An diese Bestimmung der Wahlberechtigten knüpft sich die Frage an, wer Arbeitnehmer ist. Der Arbeitnehmerbegriff im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist in § 5 Abs. 1 BetrVG definiert.

Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsgesetz

Arbeitnehmer (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig davon, ob sie im Betrieb, im Außendienst oder mit Telearbeit beschäftigt werden.

Diese Begriffsdefinition hilft bei der Ermittlung der Arbeitnehmer im Betrieb allerdings nicht wirklich weiter. Die Rechtsprechung hat die Kriterien und die Kennzeichen eines Arbeitnehmers über viele Jahre verfeinert und präzisiert. Danach ist Arbeitnehmer, wer

  • auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages
  • im Dienste eines anderen
  • zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit
  • in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet und
  • zudem in die Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert ist.

BAG, Beschluss vom 24.08.2016 – 7 ABR 2/15

Weisungsgebunden ist dabei, wer nicht im Wesentlichen seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Die persönliche Abhängigkeit ist zu verstehen als eine Abhängigkeit in tätigkeitsbezogener, örtlicher und zeitlicher Hinsicht.

Abgrenzung zu freien Dienstleistern und Werkunternehmern

Bei der Eingliederung in den Betrieb ergeben sich zum Teil Abgrenzungsschwierigkeiten zu Dienstleistern und Werkunternehmern. Denn auch diese sind im Betrieb tätig; ihre Arbeit ist in den Arbeitsprozess eingebunden; es findet unter Umständen eine räumliche Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern statt; ihre Arbeitsleistung wird koordiniert und angewiesen; zum Teil deckt sie sich mit der Arbeitsleistung von Arbeitnehmern. All dies führt nicht im Sinne eines Automatismus dazu, dass diese Personen als Arbeitnehmer einzuordnen wären.

BAG, Beschluss vom 08.11.2016 – 1 ABR 57/14

Im Ergebnis prüft das Bundesarbeitsgerichts prüft das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft nach typologischen Kriterien und anhand bestimmter Fallgruppen. Entscheidend ist stets das Gesamtbild und der sich daraus ergebende Grad der persönlichen Abhängigkeit. Bei der Feststellung ist allerdings letztlich die tatsächliche Vertragsdurchführung entscheidend und nicht der formale Arbeitsvertrag.

BAG, Urteil vom 26.05.1999 – 5 AZR 469/98

Kontrollfragen zur Feststellung des Arbeitnehmerstatus

Sie müssen sich als Wahlvorstand deshalb immer folgende Fragen stellen, um den Arbeitnehmerstatus von vorgeblich freien Dienstleistern oder Werkunternehmern zutreffend beurteilen zu können:

Liegt eine Eingliederung in die eigene Arbeitsorganisation vor?

Von einer Eingliederung können Sie nur ausgehen, wenn die betroffenen Personen in bestehende Arbeitsabläufe eingebunden sind und sich in die gegebenen arbeitsorganisatorischen Strukturen im Sinne einer arbeitsteiligen Betriebswirklichkeit einordnen.

Begründet der Grad der Weisungsgebundenheit eine persönliche Abhängigkeit?

Die Weisungsgebundenheit muss nach Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort sowie sonstiger tätigkeitsbezogener Aspekte von Bedeutung sein. Die Grenze verläuft entlang dem Grad der persönlichen Abhängigkeit und wird durch die Intensität der Weisungen determiniert.

Keine Arbeitnehmer: Personengruppen gemäß § 5 Abs. 2 BetrVG

Hinsichtlich einiger Personen und Personengruppen gibt das Gesetz vor, dass diese keine Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind. Sie sind auch bei der Wahl des Betriebsrats und der Aufstellung der Wählerliste außen vor zu lassen.

Dies betrifft zum einen Organe, die zur gesetzlichen Vertretung von Unternehmen berufen sind. Damit ist der Geschäftsführer (ähnlich wie im Kündigungsschutzgesetz) aus dem Anwendungsbereich ausgeklammert. Auch die Gesellschafter eines Unternehmens gelten nicht als Arbeitnehmer.

Weiter sind diejenigen Personengruppen keine Arbeitnehmer, deren Beschäftigung vorwiegend durch karitative oder religiöse Gründe bestimmt ist. Der Erwerbszweck tritt hier in den Hintergrund. Gemeint sind unter anderem Personengruppen wie Mönche, Ordensschwestern oder Diakonissen.

Keine Arbeitnehmer nach dem Betriebsverfassungsgesetz sind auch Personen, deren Beschäftigung vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung dient. Gemeint sind hier unter anderem Arbeits- und Beschäftigungstherapien, die aus medizinischer Sicht erforderlich sind. Dies kann zum Beispiel bei Personen der Fall sein, die an einer Sucht erkrankt sind.

Schließlich sind auch Ehegatten, Lebenspartner sowie Verwandte und Verschwägerte des ersten Grades zur Vermeidung von Interessenkollisionen aus dem Anwendungsbereich ausgenommen, sofern sie in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

Keine Arbeitnehmer: Leitende Angestellte

Nicht einfach fällt im Einzelfall die Bestimmung der Zahl der leitenden Angestellten. Auch auf die leitenden Angestellten findet das Betriebsverfassungsgesetz grundsätzlich keine Anwendung (§ 5 Abs. 3 BetrVG). Diese sind daher weder wahlberechtigt noch wählbar. Im Gesetz sind verschiedene Fallgruppen genannt, in denen vom Vorliegen einer leitenden Anstellung auszugehen ist. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder Betrieb

  • zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist,
  • Generalvollmacht oder Prokura besitzt und die Prokura nicht unbedeutend ist oder
  • regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand oder die Entwicklung des Unternehmens/Betriebs von Bedeutung sind.

Zur Einstellung und Entlassung: Die Befugnis zur selbständigen Vornahme dieser personellen Einzelmaßnahmen muss tatsächlich vorliegen. Was nicht reicht, ist eine nur untergeordnete Personalkompetenz für einen sehr geringen Teil der Arbeitnehmerschaft.

BAG, Beschluss vom 10.10.2007 – 7 ABR 61/06

Zur Generalvollmacht und Prokura: Die Prokura darf im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend sein. Dies setzt voraus, dass der jeweilige Arbeitnehmer unternehmerische Führungsaufgaben tatsächlich übernimmt und sich seine Rolle nicht in einer bloßen Stabsfunktion erschöpft.

BAG, Beschluss vom 29.06.2011 – 7 ABR 5/10

Zur Bedeutung für Unternehmensbestand und -entwicklung: Dem entsprechenden Arbeitnehmer muss ein erheblicher Entscheidungsspielraum in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht zukommen. Regelmäßig bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer eigene Entscheidungen treffen oder jedenfalls Entscheidungsvoraussetzungen kraft seiner Schlüsselposition treffen muss. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer lediglich vorbestimmte unternehmerische Entscheidungen durchführt.

Hilfskriterien für die Bestimmung

In § 5 Abs. 4 BetrVG sind Hilfskriterien benannt, die von Ihnen „im Zweifel“ zur Feststellung von leitenden Angestellten heranzuziehen sind. Wenn Sie also als Wahlvorstand eine Zuordnung nach § 5 Abs. 3 BetrVG vornehmen können, bleibt für die Zweifelsregelung des § Abs. 4 BetrVG kein Raum. Folgende Zweifelsfallregelung sind definiert:

  • Aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats oder des Sprecherausschusses erfolgte eine Zuordnung zu den leitenden Angestellten.
  • Der Arbeitnehmer gehört einer Leitungsebene an, in der überwiegend leitende Angestellte vertreten sind.
  • Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt, das für leitende Angestellte im Unternehmen üblich ist.
  • Das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt überschreitet das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV.

Leitende Angestellte: Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG

Die Wahlvorstände auf Betriebsrats- und Sprecherausschussseite können den Kreis der leitenden Angestellten untereinander abstimmen. Wenn die Betriebsrats- und Sprecherausschusswahlen zeitgleich stattfinden, ist jeder Wahlvorstand verpflichtet, eine Wählerliste aufzustellen. Dort sind dann die aktiv und passiv Wahlberechtigten aufgeführt. Beide Wahlvorstände sind verpflichtet, sich gegenseitig Informationen über die (nach ihrer Aufstellung) leitenden Angestellten zukommen zu lassen.

Dies muss unverzüglich nach Aufstellung der Wählerlisten passieren, spätestens aber zwei Wochen vor Einleitung der Wahl (=Aushang des Wahlausschreibens, § 3 Abs. 1 WO). Wenn die Wahlen nicht simultan stattfinden, hat der Betriebsrat diese Informationen dem Sprecherausschuss zuzuleiten.

Bei Abweichungen zwischen in den Wählerlisten die leitenden Angestellten betreffend wird das sogenannte Zuordnungsverfahren in Gang gesetzt.

  • Die Wahlvorstände kommen in einer Sitzung zu einem Einigungsversuch zusammen. Wenn die Wahlen nicht zeitgleich stattfinden, dann findet die Sitzung mit auserwählten Vertretern des Sprecherausschusses statt.
  • Scheitert der Vermittlungsversuch, wird ein Vermittler – ein Beschäftigter des Betriebs – eingesetzt, der zunächst zwischen den Wahlvorständen/Vertretern vermittelt.
  • Kommt eine Einigung zustande, sind die leitenden Angestellten entsprechend ihrer Zuordnung in die jeweilige Wählerliste einzutragen (§ 18a Abs. 1 Satz 3 BetrVG).
  • Kommt hingegen keine Einigung zustande, so entscheidet der Vermittler nach Beratung mit dem Arbeitgeber über die Zuordnung (§ 18a Abs. 2 BetrVG).

Wichtig: Die Zuordnung hat rechtliche Konsequenzen. So kann die Anfechtung der Betriebsratswahl nicht darauf gestützt werden, dass die Zuordnung von Arbeitnehmern zum Kreis der leitenden Angestellten fehlerhaft erfolgt sei (§ 18a Abs. 5 BetrVG).

Auslegung der Wählerliste

Bevor Sie als Wahlvorstand die Wählerliste im Betrieb auslegen, sollten Sie das oben beschriebene Zuordnungsverfahren nach § 18a BetrVG durchlaufen haben.

Die Wählerliste ist als Abdruck vom Tag der Einleitung der Wahl bis zum Abschluss der Stimmabgabe im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen. Dies muss an geeigneter Stelle im Betrieb erfolgen, sodass alle aktiv und passiv Wahlberechtigten Kenntnis nehmen können (§ 2 Abs. 4 WO).

Im Gegensatz zur Original-Wählerliste soll der Abdruck nicht die Geburtsdaten der Wahlberechtigten enthalten (§ 2 Abs. 4 Satz 2 WO). Ansonsten müssen sich alle Angaben wiederfinden, die auch sonst in der Wählerliste aufzunehmen sind: Geschlecht, Familienname, Vorname.

Es kommt vor, dass sie die Wählerliste korrigieren müssen. Eine solche Verpflichtung besteht nach Abschluss eines Zuordnungsverfahrens gemäß § 18a BetrVG, wenn danach die Zuordnung der leitenden Angestellten nicht (mehr) korrekt ist. Andererseits ist auch nach Aufstellung der Wählerliste eine Pflicht zur Korrektur gegeben. Dies ist dann der Fall,

  • wenn Arbeitnehmer nach Aufstellung der Wählerliste ausscheiden,
  • neue Arbeitnehmer hinzukommen oder
  • berechtigte Einsprüche gegen die Wählerliste erhoben worden sind.