Die Vorbereitungen für die Betriebsratswahlen 2022 laufen in allen Betrieben bereits auf Hochtouren. In Wahlvorstandsschulungen wird den Mitgliedern zurzeit das notwendige Wissen zur Durchführung der Wahl vermittelt. Bald wird ein neuer Betriebsrat das Zepter des Handelns in die Hand nehmen. Einige Betriebe haben die Betriebsratswahl sogar vorgezogen, sodass personelle Veränderung jetzt schon feststehen.
Doch unabhängig davon, wie letztlich die personelle Zusammensetzung aussehen wird, sind Sie als Betriebsrat gut beraten, nicht kopf- und planlos in die neue Amtszeit zu starten. Ein Blick in den Rückspiegel erscheint unverzichtbar, wenn der Anspruch darin besteht, es in den nächsten Jahren besser zu machen.
Bewertung abgelaufener Amtszeit als Betriebsrat
Ob es Betriebsräte gibt, die in den vergangenen Jahren ohne jeden Fehl und Tadel ihre Aufgaben erfüllt haben? Ich weiß es nicht. Nach meiner Erfahrung verläuft eine Amtszeit nicht immer nach Plan. Es gibt Situationen und Bereiche, wo Betriebsräte mir immer wieder sagen: „Das hätten wir rückblickend betrachtet anders gemacht.“
Es ist auch überhaupt kein Problem, dass es nicht immer glatt läuft. In keinem Bereich des beruflichen wie privaten Lebens läuft es immer wie am Schnürchen. Ein Problem entsteht aber dann, wenn Personen nicht aus alten Fehlern lernen und diese in der Zukunft stets auf Neue wiederholen. Dann kann ein Vorwurf durchaus berechtigt sein, nicht alles in seiner Macht stehende getan zu haben, um die Amtszeit erfolgreich zu gestalten.
Vor allem dann, wenn es im Betriebsrat eine personelle Kontinuität gibt, sollte der Betriebsrat nach seiner Wiederwahl nicht einfach zum betriebsrätlichen Tagesgeschäft übergehen. Stattdessen sollte er sich Zeit nehmen, die vergangenen vier Jahre zu bewerten und daraus Verbesserungspotenziale abzuleiten. Dies gilt übrigens auch dann, wenn neue Arbeitnehmer in den Betriebsrat gewählt oder ein komplett neuer Betriebsrat das Zepter übernommen hat.
Vorgehen bei der Bewertung der Betriebsratszeit
Die Bewertung der abgelaufenen Amtszeit sollte aber nicht irgendwie erfolgen. Ein planmäßiges und systematisches Vorgehen ist wichtig, um wirklich alle Punkte aufzudecken, die in der Vergangenheit nicht so gut gelaufen sind. Empfehlenswert ist es, die Bewertung in Abschnitte und Bereiche zu unterteilen. Ein granulares Vorgehen stellt sicher, dass wichtige Aspekte der Betriebsratsarbeit nicht ausgeklammert werden.
So ist es zum Beispiel möglich, eine Bewertung im Hinblick auf
- das (persönliche) Verhältnis der Betriebsratsmitglieder zueinander (war der persönliche Umgang der Betriebsratsmitglieder untereinander respektvoll und konstruktiv oder gab es Störungen?)
- die Zusammenarbeit im Betriebsratsgremium (hat der Betriebsrat an einem Strang gezogen oder war die Zusammenarbeit wenig zielführend?)
- die Arbeitsabläufe im Gremium (waren die Abläufe so gestaltet, dass der Betriebsrat seine Aufgaben effektiv erfüllen konnte?)
- das Verhältnis zum Arbeitgeber (ist es dem Betriebsrat gelungen, mit dem Arbeitgeber auf einer sachlich-konstruktiven Diskussionsebene zu bleiben?)
- das Erreichen gesteckter Ziele (hat der Betriebsrat seine zu Beginn der abgelaufenen Amtszeit festgesetzten Ziele auch erreicht?)
- die projektbezogenen Tätigkeiten des Betriebsrats (gab es größere Projekte wie eine Betriebsänderung, die gesondert evaluiert werden müssen?)
- das Auftreten des Betriebsrats gegenüber Arbeitnehmern (wie stellt sich das öffentliche Bild des Betriebsrats aus Sicht der Arbeitnehmerschaft dar?)
vorzunehmen.
Alles in allem sollte der Betriebsrat kritisch reflektieren, ob er seinem gesetzlichen Handlungsauftrag in hinreichendem Maße nachgekommen ist. Oder hat er sich in gremieninternen Streitigkeiten verloren und sich womöglich durch unausgegorene Tätigkeitsabläufe gelähmt?
Nicht nur die Gremienperspektive ist wichtig. Gleichermaßen ist von erheblicher Bedeutung, dass jedes einzelne Betriebsratsmitglied auch die persönliche Rolle beleuchtet. Dies gilt in besonderem Maße für den (oder die) Betriebsratsvorsitzenden. Aufgrund seiner Stellung hat diese Position einen enormen Einfluss auf die Betriebsratsarbeit.
Und unter uns gesprochen: Nicht jede Person eignet sich persönlich oder fachlich für den Betriebsratsvorsitz. Auch insofern sollte der Betriebsrat eine gründliche Bewertung vornehmen.
Definition von Zielen
Sind die Fehler in der Vergangenheit und die Verbesserungspotenziale erst einmal identifiziert, besteht die Aufgabe in der bevorstehenden Amtszeit darin, es besser zu machen. Hierzu sollte der Betriebsrat zunächst konkrete Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Die besten Vorschläge sind dann in die Zieldefinition des Betriebsrats zu übernehmen.
Wichtig ist, diese Ziele im teilweise turbulenten Alltagsgeschäft nicht aus dem Blick zu verlieren. Am besten bestimmt der Betriebsrat eine Person, die laufend darauf achtet, ob der Betriebsrat noch auf Kurs ist oder ob sich vergangene Probleme wiederholen. Sollte das der Fall sein, könnte das entsprechende Mitglied den Betriebsrat frühzeitig auf etwaige Missstände hinweisen.
Ganz unabhängig davon empfiehlt sich eine jährliche Evaluation der Betriebsratstätigkeit, um diesem wichtigen Thema auch den Raum einzuräumen, den es verdient.