Auch heute werden wir immer noch regelmäßig von Betriebsräten gefragt, ob der Abschluss einer Rahmenbetriebsvereinbarung IT bzw. Rahmenbetriebsvereinbarung EDV noch lohnenswert ist. Und wir antworten: Aber natürlich! Und nicht nur der Abschluss macht durchaus Sinn. Uns sind IT-Rahmenbetriebsvereinbarungen bekannt, die aus dem Jahr 1986 stammen. Dort sind teilweise gute Inhalte drin, doch natürlich sind die meisten Regelungen bereits veraltet und bedürfen einer Aktualisierung.
In diesem ausführlichen und praxisnahen Ratgeber möchten wir Dir aufzeigen, weshalb Du darüber nachdenken solltest, eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT beim Arbeitgeber anzusprechen – oder eine bestehende RBV IT / RBV EDV zu aktualisieren. Im Einzelnen wirst Du in diesem Beitrag insbesondere erfahren,
- was die Rahmenbetriebsvereinbarung IT eigentlich ist,
- warum der Abschluss einer solchen Vereinbarung sinnvoll erscheint,
- warum Du selbst bei bestehender RBV IT ggf. über eine Aktualisierung nachdenken solltest,
- welche Inhalte in einer Betriebsvereinbarung IT für gewöhnlich geregelt werden,
- ob das Thema Künstliche Intelligenz geregelt werden sollte,
- ob und wie Du die Vereinbarung in Deinem Betrieb / Unternehmen durchsetzen kannst.
In diesem Ratgeber werden Dir alle wesentliche, wenn sicherlich nicht alle Fragen beantwortet. Solltest Du bzw. Dein Betriebsrat zur Rahmenbetriebsvereinbarung IT noch weitere Fragen haben, so zögere nicht, uns zu kontaktieren. Wir sind um Unterstützung und Hilfestellungen nicht verlegen.
Rahmenbetriebsvereinbarung IT – Dein juristischer Sachverstand
Raphael Lugowski
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Herr Lugowski ist der Gründer von Betriebsrat Kanzlei. Er verfügt über jahrelange Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit Betriebsräten. Mit seinen Schwerpunkten im Betriebsverfassungsrecht und dem Arbeitnehmerdatenschutz verhandelt er regelmäßig IT-Betriebsvereinbarungen und IT-Rahmenbetriebsvereinbarungen.
Kevin Wagner
IT Consultant
Herr Wagner ist Kooperationspartner der Kanzlei. Als IT-Consultant, Datenschutzbeauftragter und IT-Sicherheitsbeauftragter verfügt er über viel IT-Sachverstand bei IT-Systeme wie Office 365, Workday, SAP etc. Seit 2014 hält er Seminare für Betriebsräte und berät sie zu IT-Systemen.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT?
- Vorteile des Abschlusses einer Rahmenbetriebsvereinbarung IT /EDV
- Gesetzesänderungen erfordern Aktualisierung von RBV IT
- Typische Inhalte einer IT-Rahmenbetriebsvereinbarung
- Künstliche Intelligenz in der Rahmenbetriebsvereinbarung IT?
- Wie kann eine Rahmenvereinbarung IT durchgesetzt werden?
- Fazit zur RBV IT
- FAQ
Was ist eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT?
Eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT ist eine Betriebsvereinbarung im Kontext der IT-Mitbestimmung des Betriebsrats. Bei der Einführung von IT-Systemen werden zahlreiche Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ausgelöst. Hier ein kleiner Überblick der Beteiligungsrechte des Betriebsrats:
- Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)
- Mitbestimmung bei Ordnung und Verhalten im Betrieb (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG)
- Mitbestimmung beim Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG)
- Arbeitsplätze, Arbeitsabläufe und Arbeitsverfahren (§ 90 BetrVG)
- Personalplanung (§ 92 BetrVG)
- Betriebliche Berufsbildung (§§ 96 bis 98 BetrVG)
- Beurteilungsgrundsätze (§ 94 BetrVG)
- Betriebsänderung (§ 111 BetrVG)
Daneben können selbstverständlich noch weitere Mitbestimmungsrechte gegeben sein. Insofern kommt es immer auf den konkreten Einzelfall an. Es ist aber ohne Weiteres erkennbar, dass die Einführung und der Einsatz von IT-Systemen einen Blumenstrauß an Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats auslöst.
Der Betriebsrat hat grundsätzlich die Aufgabe, seine Mitbestimmungsrechte anlässlich der Einführung eines jeden IT-Systems auszuüben. Und er müsste im Zuge dessen wieder gleichgelagerte Aspekte immer wieder neu regeln. Das ist nicht ökonomisch und bindet wertvolle Ressourcen beim Betriebsrat und Arbeitgeber.
Zum Glück gibt es insofern einen Ausweg: Die Rahmenbetriebsvereinbarung IT, die wesentliche wiederkehrende Punkte der IT-Mitbestimmung vor die Klammer zieht und einer grundsätzlichen Regelung zuführt. Die RBV IT bildet also bildlich gesprochen tatsächlich den Rahmen bei der Mitbestimmung zu IT-Systemen. Ganz einfach.
Umfassende Unterstützung für Deinen Betriebsrat beim Thema Rahmenbetriebsvereinbarung IT.
Jetzt Unterstützung anfragenVorteile des Abschlusses einer Rahmenbetriebsvereinbarung IT /EDV
Ist aus Sicht des Betriebsrats der Abschluss einer Rahmenbetriebsvereinbarung IT anzuraten? Auf jeden Fall. Wie im vorigen Abschnitt schon erwähnt, spart man sich durch eine solche RBV IT ggf. wiederholende langwierige Verhandlungen über die immer gleichen Themen. Außerdem wird dadurch die Konsistenz der Regelungslandschaft im Bereich der IT-Mitbestimmung gefördert. Allein das reicht schon aus, um sagen zu können: Ja, das lohnt sich – für den Betriebsrat und den Arbeitgeber.
Das ist allerdings nicht der einzige Vorteil einer IT-Rahmenbetriebsvereinbarung. Zusätzlich werden in einer solchen Vereinbarung auch noch weitere wichtige Punkte im Bereich der IT-Mitbestimmung gleich mitverankert. Dies betrifft z.B. folgende Punkte:
- Festlegung des konkreten Beteiligungsverfahrens bei neuen IT-Systemen
- Umgang mit Updates / Upgrades und allgemein mit mitbestimmungsrelevanten Funktionsänderungen
- Konkretisierung und Sicherung der Informationsrechte des Betriebsrats
- Einbindung des Betriebsrats im ganzheitlichen Kontext der Digitalisierung
- Konkretisierung des betrieblichen Datenschutzes
Es gibt also aus Perspektive des Betriebsrats betrachtet keinen Grund, auf eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT zu verzichten, wenn sich die Gelegenheit bietet. Anstelle des ggf. chaotischen Mitbestimmungsverfahrens tritt ein geregelter Prozess, der den Betriebsparteien Transparenz und Verlässlichkeit bietet. Dies gilt umso mehr, wenn – was leider keine Seltenheit ist – die Mitbestimmung bei IT-Systemen bisher nur stiefmütterlich gehandhabt wurde.
Kurzum: Eine IT-Rahmenbetriebsvereinbarung ist ein Gewinn für alle Beteiligten. Für den Betriebsrat, den Arbeitgeber und nicht zuletzt für die Belegschaft.
Gesetzesänderungen erfordern Aktualisierung von RBV IT
Auch wenn Dein Betriebsrat seine Hausaufgaben gemacht und eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT mit dem Arbeitgeber abgeschlossen hat, könnte es durchaus Sinn machen, die Vereinbarung nochmal kritisch zu prüfen. Je länger der Abschluss der Vereinbarung zurückliegt, desto wahrscheinlicher ist, dass die RBV IT nicht mehr up-to-date ist.
Denn zwischenzeitlich hat sich im Bereich des Arbeitsrechts einiges getan. Dir wird sicherlich nicht entgangen sein, dass im Jahr 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten ist. Im Zuge dessen ist auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erneuert worden. In der Zwischenzeit hat auch das Thema KI an Fahrt aufgenommen und bringt neue Herausforderungen für Betriebsräte im Bereich der IT-Mitbestimmung mit sich. Deswegen gibt es seit 2024 auf die EU-KI-Verordnung, die versucht, mit der Entwicklung im KI-Bereich Schritt zu halten.
Du siehst also, dass es in den letzten Jahren einige grundlegende Änderungen gab, die eventuell eine Anpassung der in Deinem Betrieb bestehenden RBV IT erforderlich machen. Darüber hinaus solltest Du auch bedenken, dass inzwischen auch in rechtlicher Hinsicht die Inhalte und die Systematik von solchen Rahmenbetriebsvereinbarungen IT weiterentwickelt worden ist. Diese sind heute anders aufgebaut und verfügen über eine andere inhaltliche Qualität in den Regelungen. Nicht zuletzt sind die Inhalte auf die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen in der Rechtsprechung abgestimmt – und da gab es einiges.
Typische Inhalte einer IT-Rahmenbetriebsvereinbarung
Wenn von typischen Inhalten einer IT-Rahmenbetriebsvereinbarung die Rede ist, soll kein falsches Bild vermittelt werden. Eine IT-Rahmenbetriebsvereinbarung ist immer eine sehr individuelle Vereinbarung, die auf die betrieblichen Gegebenheiten abgestimmt werden muss. Wir pflegen zu sagen: Es macht einfach keinen Sinn, Papier zu produzieren. Wir wollen Prozesse verschriftlichen und ggf. auch erschaffen, die von den Betriebsparteien aus Überzeugung eingehalten werden.
Das heißt also, dass die „typischen“ Inhalte einer solchen Vereinbarung mit Vorsicht zu genießen sind und einer Ausgestaltung im Einzelfall erfordern. Gleichwohl können wir sagen, dass über die Aufnahme der folgenden Punkte in eine IT-Rahmenbetriebsvereinbarung unbedingt nachgedacht werden sollte:
- Systematik der Beteiligung des Betriebsrats
- Zulässigkeit von Leistungs- und Verhaltenskontrollen
- Spezifische datenschutzrechtliche Grundsätze
- Umgang mit Updates, Upgrades und allgemein mit mitbestimmungsrelevanten Funktionsänderungen
- Umgang mit System- und Sicherheitsupdates
- Rechte des Betriebsrats, einschließlich Informationsrechte und Kontrollrechte
- Rechte von Arbeitnehmern
- Rechtsfolgen bei vereinbarungswidriger Informationserlangung
- Prozessuale Rechtsfolgen bei unzulässiger Erkenntniserlangung
- Qualifizierung und Schulung von Beschäftigten
- Maßgaben zum Gesundheitsschutz
- Regelungen zur Nachwirkung bei Kündigung
Zentral ist die Regelung der Beteiligungssystematik in einer solchen IT-Rahmenbetriebsvereinbarung. Es ist wichtig, sich auf einen Prozess der Beteiligung zu verständigen, der den Interessen der Betriebsparteien ausreichend Rechnung trägt.
Hier gibt es verschiedene Ansätze, die man verfolgen kann. Wir empfehlen zumeist, das Beteiligungsverfahren zu standardisieren und die Intensität der Beteiligung von dem Einsatzzweck und der Nutzungsabsicht des Arbeitgebers abhängig zu machen. Je größer die Risiken für die Beschäftigten, desto intensiver ist die Beteiligung des Betriebsrats.
Wir unterstützen Dein Gremium bei der Ausarbeitung und Verhandlung einer Rahmenbetriebsvereinbarung IT.
Zum kostenfreien ErstgesprächKünstliche Intelligenz in der Rahmenbetriebsvereinbarung IT?
Sollte man Künstliche Intelligenz in der Rahmenbetriebsvereinbarung IT regeln oder das KI-Thema doch einer separaten Rahmenvereinbarung KI vorbehalten? Eines sei vorweg gesagt: Es gibt hier keinen Königsweg. Beide Wege sind möglich und abhängig von den Präferenzen von Betriebsrat und Arbeitgeber.
Fest steht jedenfalls, dass KI eine ganzheitliche Betrachtung erfordert, da sich mit ihrer Einführung Themen weit über den technischen Mikrokosmos hinaus stellen. Dabei geht es um Themen wie ethische Grundsätze beim KI-Einsatz, die Vor-Qualifizierung von KI-Anwendungsbereichen, die Schulung und Sensibilisierung von Beschäftigten für den KI-Einsatz und vieles mehr. Das noch in der Rahmenbetriebsvereinbarung KI unterzubringen, wäre eine enorme Überfachtung.
Andererseits sind KI-Systeme technische Einrichtungen, die als solche ebenfalls in den Anwendungsbereich einer Rahmenvereinbarung IT fallen. Also: Ganz fernliegend ist die Idee nicht, die KI-Systeme in die IT-Rahmenbetriebsvereinbarung zu verheiraten.
Wir raten den Betriebsräten allerdings dazu, die KI-Systeme nur insoweit in die Regelungen der RBV IT einzubeziehen, als es um die technischen Aspekte des jeweiligen Systems geht. Je nach Risikogeneigtheit des KI-Systems können in die Rahmenbetriebsvereinbarung IT zusätzliche Bestimmungen aufgenommen werden, die die Transparenz über die Funktions- und Wirkweise des Systems erhöhen und die insofern bestehenden Informationsansprüche des Betriebsrats absichern.
Wie kann eine Rahmenvereinbarung IT durchgesetzt werden?
Die Frage ist: Kann eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT überhaupt durchgesetzt werden? Hier müssen wir zwei Konstellationen unterscheiden:
Es mag sein, dass bei Dir im Betriebs bereits eine RBV IT vorhanden ist. Wahrscheinlich haben die Betriebsparteien dann auch die Frage der Erzwingbarkeit mitgeregelt. Das heißt, dass im Fall einer Meinungsverschiedenheit über die künftigen Inhalte der IT-Rahmenbetriebsvereinbarung die (freiwillige) Einigungsstelle verbindlich entscheiden soll. Darüber hinaus kann es natürlich sein, dass sich in der Rahmenvereinabrung IT auch Regelungen wiederfinden, die dem Spruch der gesetzlichen Einigungsstelle unterliegen.
Wenn keine Rahmenbetriebsvereinbarung IT besteht, ist die rechtliche Lage etwas klarer: Eine Vereinbarung ist nicht erzwingbar. Der Betriebsrat hat mitzubestimmen bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen zur Leistungs-/Verhaltenskontrolle. Im Vorfeld einer solchen Einführung besteht kein Mitbestimmungsrecht.
Gleichwohl ist es insbesondere auch für den Arbeitgeber vorteilhaft, eine solche Rahmenbetriebsvereinbarung IT abzuschließen. Aus Betriebsratssicht gilt es, dem Arbeitgeber diese Vorteile einmal vor Augen zu führen. Hier eine kleine Argumentationshilfe:
- Bestimmte Themen werden vorab für alle IT-Systeme grundlegend geregelt und müssen nicht immer wieder von Neuem ausdiskutiert werden.
- Der Arbeitgeber weiß ganz genau, wie er den Betriebsrat zu beteiligen hat.
- Die Einführung von neuen IT-Systemen wird beschleunigt und vereinfacht.
- Die Vereinbarung von Prozessen schafft Transparenz und Vertrauen im IT-Mitbestimmungsprozess.
- Es gibt ein klares, abgestuftes Vorgehen bei Updates und Upgrades.
- Es werden Freiräume für die Testung von IT-Systemen eröffnet.
Welcher Arbeitgeber kann bei dieser Fülle an Vorteilen schon „Nein“ sagen?…
Fazit zur RBV IT
Abschließend möchten wir für Dich nochmal die wesentlichen Punkte zur Rahmenbetriebsvereinbarung IT zusammenfassen:
- Eine IT-Rahmenbetriebsvereinbarung ist eine Art „Grundgesetz“ für den Einführung und den Einsatz von IT-Systemen im Betrieb.
- In der Rahmenbetriebsvereinbarung IT werden grundlegende und immer wiederkehrende Regelungen vor die Klammer gezogen und geregelt.
- Weitere Vorteile einer RBV IT: Das Beteiligungsverfahren wird strukturiert/standardisiert und die Rechte von Betriebsrat und Beschäftigten werden gesichert.
- Auch wenn eine Rahmenbetriebsvereinbarung IT bereits existiert, könnte es angesichts von Gesetzesänderungen und -neuerungen geboten sein, die alte RBV IT an die neuen Gegebenheiten anzupassen.
- Ob und inwieweit Künstliche Intelligenz in der IT-Rahmenbetriebsvereinbarung bereits adressiert werden sollte, ist Geschmackssache. Nach unserer Einschätzung können die Betriebsparteien z.B. vereinbaren, dass bei KI-Einsatz je nach Risikoklasse abgestufte zusätzliche Informationen zu den KI-Funktionalitäten beizubringen sind.
- Die Rahmenbetriebsvereinbarung IT ist grundsätzlich nicht durchsetzbar. Etwas anderes kann aber gelten, wenn bereits eine RBV IT existiert, die abgelöst werden soll und bereits Regelungen dazu enthält.
- Auch wenn die Rahmenbetriebsvereinbarung nicht durchsetzbar ist, gibt es auch für Arbeitgeber gewichtige Gründe, mit dem Betriebsrat eine solche freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen.
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