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Desk Sharing – Mitbestimmung des Betriebsrats?

Mitbestimmung des Betriebsrats beim Desk Sharing

Hat der Betriebsrat beim Thema Desk Sharing ein Mitbestimmungsrecht? Das ist manchmal nicht ganz so einfach festzustellen. Die Grenze zwischen mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten und mitbestimmungsfreiem Arbeitsverhalten in § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verläuft fließend.

Das verdeutlicht jetzt auch eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg.

Streitpunkt „Desk Sharing“ und „Clean-Desk-Policy“

Der Arbeitgeber hat die Arbeit zunächst in einem Großraumbüro organisiert. Es gab eine feste Arbeitsplatzzuordnung sowie Trennwände, die die Arbeitsplätze voneinander abgeschichtet haben.

Der Arbeitgeber hat sich dann dazu entschlossen, dieses Großraumbüro umzugestalten und ein neues Konzept einzuführen. Dieses sieht vor, dass die festen Arbeitsplätze aufgelöst und stattdessen vier offene Nutzungsbereiche geschaffen werden sollen: „Ankommen“, „Arbeiten“, „Community“ und „Austausch“. Die Besonderheit ist, dass diese Nutzungsbereiche auch überlagernd genutzt werden können. Fachgespräche während der Kaffeerunde sind damit z.B. im Pausenraum möglich.

Den Mitarbeitern soll es möglich sein, alle Arbeitsplätze flexibel zu nutzen („Desk Sharing„). Darüber hinaus hat der Arbeitgeber eine „Clean-Desk-Policy“ eingeführt, wonach die Arbeitsplätze am Ende des Tages aufgeräumt und sauber hinterlassen werden sollen.

Betriebsrat verlangt Betriebsvereinbarung zum Desk Sharing – ohne Erfolg

Der Betriebsrat hat darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen Änderungen um eine nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Angelegenheit handele. Er hat den Arbeitgeber dazu aufgefordert, mit ihm eine Betriebsvereinbarung darüber abzuschließen.

Da dies bis zuletzt erfolglos war, hat der Betriebsrat sodann die Zustimmung zur Einigungsstelle mit vier Beisitzern gefordert. Das Thema war:

  • Einführung und Umsetzung des Planungskonzepts „…spaces“ – insbesondere Desksharing und Clean-Desk-Policy“

Da der Arbeitgeber der Einsetzung nicht zugestimmt hat, hat der Betriebsrat die Einsetzung der Einigungsstelle durch das Arbeitsgericht Heilbronn (7 BV 2/24) begehrt.

Das Arbeitsgericht Heilbronn hat entschieden, dass das Modell „Desk Sharing“ und die „Clean-Desk“-Vorgabe nicht der Mitbestimmung unterliegen. Es handele sich um eine mitbestimmungsfreie Bestimmung der zur Verfügung gestellten Betriebsmittel.

Das bedeutete: Das Gericht sah die Einigungsstelle als offensichtlich unzuständig an. Hiergegen hat der Betriebsrat Beschwerde zum LAG Baden-Württemberg eingelegt.

Entscheidungen und Kontroversen beim Thema Desk Sharing und Mitbestimmung des Betriebsrats.

Mitbestimmung beim Desk Sharing – Entscheidung des LAG Baden-Württemberg

Die nächste Instanz sah die Rechtslage ein wenig anders. Zwar hat auch das LAG Baden-Württemberg (21 TaBV 7/24) entschieden, dass nicht das gesamte Planungskonzept der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG unterliege. Insbesondere die zwei Teilbereiche Desk Sharing und Aufräumen des Arbeitsplatzes betreffen des mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten.

Gleichzeitig stellte das Gericht heraus, dass weitere zwei Teilbereiche durchaus der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen können. Denn:

  • Der Arbeitgeber habe auch Regelungen darüber aufgestellt, welche privaten Gegenstände nach Art und Umfang überhaupt noch ins Büro mitgebracht werden können.
  • Es gab Regelungen dazu, wo diese Gegenstände aufbewahrt können, nachdem der Arbeitsplatz weisungsgemäß geräumt worden ist.
    Und schließlich gab es im Hinblick auf die Nutzungsbereiche überlagernde Nutzungsmöglichkeiten.

Bei diesen Teilbereichen des Planungskonzepts sei der Schwerpunkt nicht sofort erkennbar bei der Steuerung des Arbeitsverhaltens. Denn es scheine so zu sein, als würde es dem Arbeitgeber mit seinen Anordnungen auch um die Beseitigung von Unordnung gehen – und zwar abseits des Arbeitsverhaltens.

Durch die überlagernde Nutzung werde das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken berührt, da sich Mitarbeiter während der Pause in ihrem Verhalten anpassen müssten, wenn sie z.B. ungewollt in ein Fachgespräch verwickelt werden würden.

Im Ergebnis hat das LAG Baden-Württemberg die Einigungsstelle eingesetzt, weil sie im Hinblick auf diese Teilbereiche des Planungskonzepts nicht offensichtlich unzuständig sei. Allerdings entschied das Gericht, dass zwei Beisitzer pro Seite für diesen Gegenstand ausreichend seien.

Desk Sharing kann Gegenstände berühren, die der Mitbestimmung unterliegen. An sich ist es jedoch nicht mitbestimmungspflichtig.

Desk Sharing – das gilt es in Sachen Mitbestimmung zu beachten

Anhand dieser Entscheidung kannst Du gut erkennen, wie schwierig es im Einzelfall ist, die Rechtslage zutreffend zu erfassen. Gerade die Mitbestimmung bei Ordnung und Verhalten im Betrieb wartet mit kniffligen Abgrenzungsfragen.

Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg zeigt, wie hier die Einordnung erfolgen sollte. Statt pauschaler Betrachtungen müssen die einzelnen Regelungen im Detail darauf geprüft werden, ob in ihnen ein mitbestimmungspflichtiger Kern steckt. Die feinsäuberliche Trennung ist schwierig, aber machbar, wenn die Maßstäbe der Rechtsprechung angemessen berücksichtigt werden.

Beim Thema Desk Sharing sollte zudem nicht nur an Ordnung und Verhalten im Betrieb gedacht werden. Wenn bei der Organisation von Desk Sharing ein IT-Buchungstool zum Einsatz kommt, könnte auch die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gegeben sein. Mitbestimmungsrechte könnten sich auch im Hinblick auf den Gesundheitsschutz von Mitarbeitern gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ergeben. Schließlich kann auch eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 Nr. 4 und 5 BetrVG vorliegen.